Tischlein, deck dich!

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#203 Gespräch mit dem nordkoreanischen Grenzbeamten 🇰🇵

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203 Botschaft der Brüderlichkeit

Jacques Lacan, Das Seminar III, Die Psychosen, Turia + Kant, S. 157 unten

Marlon Grohn, Kommunismus für Erwachsene, S. 140

Gespräch mit dem nordkoreanischen Grenzbeamten

»Zur Heimat erkor ich mir die Liebe«, so dichtete die deutsche Poetin Mascha Kaléko. Und hiermit möchte ich das ebenso für mich festhalten und bekräftigen. Mag auch die letzte Folge zensiert worden sein (ich ließ sie nur ca. 24 Stunden online und zog sie dann zurück), diesmal mache ich mit einer neuen Lesung von »Imperialismus« weiter, meinem in diesem Sommer begonnenen Romanversuch. Mögen auch noch so viele Enttäuschungen kommen, welche die Täuschung offenbaren, der man sich als Liebender nur zu gerne hingibt, aber ich möchte Manita und Lilaya weiter idealisieren und mich an die schönen Stunden erinnern, die wir gemeinsam verbrachten und an die verpassten Momente, die vergeudeten Chancen, reinen Tisch zu machen und ehrlich zu sprechen. Gern würde ich mich ja entlieben. Das geht sicherlich auch, auf die Dauer. Ob es dazu so richtig war, dieses Werk, den Romanversuch, abzubrechen und meine Produktivkraft neu und woanders zu investieren? Ich weiß es nicht. Es fühlt sich aber an, als könne man überall nur die gleichen Fehler wiederholen. Ich will nicht sentimental werden.
Aber Lila hatte dieses Wort Imperialismus erwähnt bei einer unserer Unterhaltungen, und sie war es auch, die mich mit ihrem Imperialismus der Blicke an sich zog und so fest an sie schnürte… sodass ich mich dazu hinreißen ließ, mit meinem Imperialismus der Podcastveröffentlichungen zu antworten.
Wie in »Imperialismus« geschrieben, ist der Trick des Kapitalismus, es so erscheinen zu lassen, als könnten wir uns durch Konsum von Waren mit anderen Menschen verbinden. Die Konsumfreude ist ein schaler Ersatz für die soziale Wärme und das Leuchtfeuer, das in uns entzündet wird im Austausch mit anderen lebendigen Wesen.
Ja, mein Podcast ist auch eine Art Ware, und ich habe sie fetischisiert, wollte hierin, im Podcast glänzen, statt zu erkennen, dass mir der wahre Ruhm und die bleibende Anerkennung nur durch eure geliebten Augen und Münder zuteil werden kann, Lila und Manita. Aber statt das Gespräch zu suchen und euch klar zu machen, wie sehr mir daran läge, mit euch zu reden und eine gemeinsame Harmonie zu finden, habe ich einfach immer weiter gepodcastet und mich meinem lasterhaften Leben hingegeben. Aus Angst, was passieren könnte, sollte ich zulassen, ganz in diese vorgestellte Liebe zu stürzen, sodass mich dieses Glück überwältigen müsste, das mir aus euren Augen und Gesichtern als Verheißung entgegenstrahlte.
Es tut mir so leid mit der Flut oder Lawine an Podcasts für Lila; spätestens mit Folge 150 war der Bogen wohl überspannt und ich verfing mich in der Wiederholung des immergleichen Aufnahmerituals. Mir behagte es eben nicht, den ersten Schritt tun zu müssen oder sollen, das wollte ich damit zum Ausdruck bringen. Dass ich es einfach nicht sehr angenehm finde, dieser Rolle ausgesetzt zu sein und von einer Frau signalisiert zu bekommen, dass sie ihre Gunst und Zuneigung »gewährt«, ich sie mir also gleichsam erarbeiten und verdienen muss. Das schien mir abstoßend und wenig geeignet als Ausgangsgrund der Liebe.
Wie dem auch sei. Was ich vielleicht bräuchte, wäre, dass eine Frau mir sagt, sie höre keine Podcasts, sei daher nicht interessiert an meinem auditiven Produkt. Denn ja, wahrscheinlich träumte ich immer davon, hierin all meine Energie zu legen, um dafür bewundert und geliebt zu werden; dabei kommt es in der Liebe doch auf anderes an als auf große geistige Leistungen, vielleicht eher auf Mut, Ehrlichkeit, Zutrauen und Beharrlichkeit. Aber da kenne ich mich nicht aus, habe ja keine Bong Seon.

Bitte seid mir nicht böse, Lila und Manita, ich liebe euch, will aber diese Liebe unterdrücken, so es nötig ist, um nur mit euch befreundet zu sein, so ihr dies wünscht. Zum Abschluss kopiere ich noch zwei Gedichte der deutschen Dichterin Mascha Kaléko und den vorgelesenen Auszug aus meinem Romanversuch.

Die frühen Jahre

Ausgesetzt

In einer Barke von Nacht

Trieb ich Und trieb an ein Ufer.

An Wolken lehnte ich gegen den Regen.

An Sandhügel gegen den wütenden Wind.

Auf nichts war Verlaß.

Nur auf Wunder.

Ich aß die grünenden Früchte der Sehnsucht,

Trank von dem Wasser das dürsten macht.

Ein Fremdling, stumm vor unerschlossenen Zonen,

Fror ich mich durch die finsteren Jahre.

Zur Heimat erkor ich mir die Liebe.

aus: Die paar leuchtenden Jahre.

Seiltänzerin ohne Netz

Mein Leben war ein Auf-dem-Seile-Schweben.
Doch war es um zwei Pfähle fest gespannt.
Nun aber ist das starke Seil gerissen:
Und meine Brücke ragt ins Niemandsland. Und dennoch tanz ich und will gar nichts wissen, Teils aus Gewohnheit, teils aus stolzem Zorn. Die Menge starrt gebannt und hingerissen.
Doch gnade Gott mir, blicke ich nach vorn.

aus: In meinen Träumen läutet es Sturm

Zitiert nach: https://www.maschakaleko.com/seiltaenzerin-ohne-netz

IMPERIALISMUS

(31 08)

Gespräch mit dem nordkoreanischen Grenzbeamten:

— Wir alle sind doch nur Menschen, habe nur unsere zwei Hände, zehn Finger, zehn Zehen usw. Wir sind nichts Besonderes, nichts was sich signifikant vom nächstbesten Menschen unterschiede. Aber genau das ist ja so traumatisch in der Liebe — sich vorzustellen, wie diese Geliebte jetzt Sex hat mit einem anderen, einem Mann, der sich an die Stelle setzt, an der ich eigentlich sein sollte, zumindest nach meinem romantischem Gefühl und erotischen Begehren. Genau so geht es mir mit diesem Südkoreaner, der Lilayas Freund ist, Lilaya, diese Frau, in die ich mich in Deutschland verliebte. Jetzt musste ich einfach schnell weit weg kommen, alles hinter mir lassen.
— Ja, so eine ähnliche Situation habe ich auch mal erlebt, das war damals mit Bong Seon, meiner ersten Frau. Sagen Sie — fragt der Beamte, der einen ziemlich verlebten Eindruck macht mit seiner dürren Figur und der ausgewaschenen Uniform, die ihm dennoch eine unscheinbare Würde als Diener des Staates verleiht — haben Sie etwas Zeit? Dann können Sie gern mit kommen in mein Arbeitszimmer, es ist nichts Großes, aber dort setze ich mich immer hin, um meine Pausen zu verbringen udn Tee oder Kaffee zu trinken, gern lade ich Sie ein, Sie sind ein freundlicher Mensch - Kommunist hin oder her, von Politik verstehe ich nicht viel.
— Oh ja, damit würden Sie mir eine unheimliche Freude machen. Ich bin so begierig und gespannt darauf, dieses Land kennenzulernen, aber habe ja gar keine Bekannten oder gar Freunde hier. Da kommt mir Ihre Einladung natürlich äußerst gelegen, es ist doch immer am Besten, sich mit jemand Einheimischem auszutauschen, um ein erstes Gefühl für ein fremdes Land zu bekommen.
— Ja, dann auf geht es, wir müssen nur diese kurze Strecke über den Hügel zurücklegen… Hier am Grenzübergang ist sowieso nie viel los, ich kann diesen Posten auch mal unbesetzt lassen, ohnehin kommt meine Ablösung in zehn Minuten, wenn er sich nicht wieder verspätet, der alte Langschläfer. Also gut, gehen wir — sagt er und deutet in Richtung eines undeutlich hinter einigen Hügeln und Kuppen erkennbares Häuschen oder wohl eher eine ärmliche Hütte, die sein Pausenquartier sein muss. Auf dem Weg dorthin fragt Simon ihn:
— Sagen Sie, Sie sprechen aber verdammt gut Englisch, ist das normal hier, ich meine, entschuldigen Sie, aber bei uns im Westen bekommt man ja den Eindruck, Nordkorea sei ein völlig abgeriegeltes Land, unmöglich, durchzudringen oder rauszukommen für die Einwohner und vermutlich lernt man dann ja auch nicht so viele ausländische Sprachen, wenn auch die ganzen Popkulturprodukte hier zensiert sind, die aus dem Westen stammen - zurecht natürlich aber dennoch wundert mich Ihre Sprachfertigkeit.
— Oh, das ist eben ein Naturtalent bei mir, schon als kleiner Junge habe ich gern Chinesisch und Japanisch studiert, bin fließend in mehreren Sprachen, Vietnamesisch und Spanisch, das konnte ich letztes Jahr anwenden, als eine Delegation aus Kuba zu Besuch kam und ich abgestellt wurde für den Empfang. Generell werden als Grenzposten natürlich sprachkundige Leute eingesetzt. Ich habe diesen Beruf seit mehr oder weniger zwanzig Jahren.
Zwar ist es etwas langweilig, aber der Austausch mit Ausländern macht mir doch Spaß, hauptsächlich chinesische Besucher kommen natürlich über diese Grenze hier im Norden unseres schönen kleinen Nordkorea. Ich war auch schon an der Südgrenze, aber da ist natürlich alles viel strikter, militärische Abriegelung schon kilometerweit im Umland… nein, das ist kein Gebiet um sich wohlzufühlen dort unten. Hier oben bin ich jetzt seit etwa 8 Jahren fest, mal an diesem, mal an jenem Grenzübergang, aber immer irgendwo hier an der Landgrenze mit China.
— Das freut mich, ja, es muntert mich sogar auf und zeigt mir: im Kommunismus oder eben in der Vorstufe, die sie hier in Ihrem schönen Land mit den leider ja nicht so erheblichen Mitteln und Produktivkräften erkämpfen konnten, hat jeder seine Arbeit, sein Auskommen und man empfindet vielleicht sogar mehr Freude bei der Arbeit. Das ist ja der Punkt. Ich denke nämlich immer, heieiei, man kommt einfach nicht an gegen den Imperialismus, egal ob den südkoreanischen mit ihren Samsung, LG und Hyundai-Exportschlagern oder unserem deutschen daheim mit Mercedes, BMW usw. Diese Konzerne haben doch eine ganz eigene Macht und Strahlkraft. Wie gesagt, ich selbst stelle mir immer gern vor, auch auf all diese Luxusprodukte verzichten zu können. Aber das reicht ja nicht, was ist mit den anderen, meinen Mitmenschen, Freunden, aber vor allem: Frauen? Ich will nicht sagen, dass Frauen einfach so sind, immer den wohlhabenderen Mann zu suchen. Aber vielleicht haben sie aufgrund ihrer schlechteren sozioökonomischen Position ja einfach nicht viele andere Optionen; für sie ist diese Macht des Kapitals und der großen Monopolkonzerne ja auch noch mal viel erdrückender und einschüchternder, denke ich mir zumindest, als für mich als Mann, und selbst ich fühle mich ja schon fast erdrückt und zermalmt davon. Also so erkläre ich mir das, ich will ja auch Feminist sein, muss aber sagen, es liegt etwas ganz Ungutes darin, was mir den Gedanken an die Liebe zuweilen schon ganz vergällte.
Der Imperialismus wäre nicht so stark, wenn es nicht die Frauen gäbe; er stützt sich sozusagen auf die Macht, die sie und ihre bewertenden, bemessenden, abwägenden Blicke auf uns Männer ausüben. Ein Mann muss würdig, muss gemäß den Standards einer Frau sein und ihr etwas bieten, wonach ihr verlangt, womit sie wirklich etwas anfangen kann.
— Damit legen Sie den Finger in die Wunde - leider. Mit meiner Bong Seon ging es mir genau so, diese seltene Blume, diese liebe Frau, der ich alles hätte schenken und widmen wollen - sie wanderte eines Tages einfach nach Südkorea aus, beklagte sich über die Ungerechtigkeit und Unterdrückung hierzulande… sicher, in jedem Land gibt es Scherereien und unglückliche Begegnungen mit der Bürokratie und Staatsmacht. Aber was bei ihr vorgefallen war, ich weiß es nicht mal genau, irgendetwas bei der Arbeit, sie fühlte sich unfair behandelt von ihrem Chef und ohne noch groß mit mir zu reden, zog sie diese Konsequenz, einfach in den Süden zu gehen.
— Aber das ist ja sicher nicht so einfach, mal kurz über die Grenze zu kommen…
— Natürlich nicht. Deshalb half ich ihr ja, schmuggelte sie hinaus nach China, von wo aus sie weiterreisen konnte und bald in Seoul ankam, von wo sie mir noch eine Postkarte schickte, sich für alles bedankte und meinte, sie habe schon einen Job in Aussicht.
— Das alles kommt mir ziemlich Spanisch vor. Also ich meine, dass sie so einfach mir nichts dir nichts, ging, ohne Ihnen wenigstens Erklärungen zu geben, Rechenschaft abzulegen über ihre Motive. Wie lange waren Sie denn mit ihr zusammen?

Mittlerweile waren die beiden in dem Häuschen angekommen und der Beamte hatte eine kleine Portion Kaffee aufgesetzt. Draußen verdüsterte sich der Horizont, am Himmel zogen schnell graue, bedrohlich wirkende Wolken auf, wo vor einigen Minuten noch Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke geblitzt hatten. Aber in diesem gemütlichen Häuschen fühlte sich Simon wohl, hier konnte ihm nichts passieren, fühlte er, mochte auch ein Sturm kommen, dann würde er eben hier ausharren, bis er wieder in sein Mietauto aus China steigen würde und endlich ins Land fahren.

(1/9/23)

— Wollen Sie wirklich die Wahrheit über Bong Seon wissen, meine unendlich geliebte Blume, mein Gänseblümchen? Wenn ja, dann werde ich sie Ihnen erzählen, aber das ist nichts für schwache Nerven und Mägen. — Oh ja, unbedingt, ich lebe von Geschichten, die man mir erzählt, ich träume davon, Schriftsteller zu werden, sobald ich endlich mal mein literarisches Talent voll und ganz ausschöpfe.
— Nun gut, aber schnallen Sie sich an, das hier könnte Ihre Selbstgewissheiten und politischen Überzeugungen erschüttern: man lebt nur für die Frauen, das erkannte ich damals. Oder besser gesagt: man arbeitet nur für sie, man würde sonst nie Hand anlegen an irgendwas, wenn sie nicht da wären und ihre Blicke und verlockenden Ohren, Arme und Hände einen dazu antreiben würden, wie den Esel oder Ochsen die Knute, die ihm der Viehtreiber auf den Rücken oder Hintern knallt.
— Das klingt einleuchtend. Etwas ähnliches dachte ich oft in Bezug auf mein Schreiben und meine phasenweise Lethargie und Unlust, den Stift wieder aufzunehmen oder in die Tastatur zu hacken.
Aber erzählen Sie bitte weiter.
— Nicht nur die Körper der Frauen treiben einen natürlich an, vielmehr ihre Geister, ihre Personen oder wie auch immer man diese Einheit aus Materie und Idee nennen mag… hier komme ich immer ins Schlingern, bin ja kein Philosoph, auch wenn ich mich in ruhigen Stunden, wenn wenig los ist am Grenzübergang immer gern weitergebildet und gelesen habe, Mao und Marx selbstverständlich, aber nicht nur das, auch Nietzsche, Leibniz, Spinoza.
— Bewundernswert! Sie sind ein echter Literatur- und Philosophiekenner!
— Aber all das hilft nichts. Die Südkoreaner sind vielleicht hundertmal ungebildeter, ungehobelter, dumpfer und dümmer als wir hier im Norden — aber sie sind uns doch überlegen. Und dass die Frauen dorthin auswandern und sich angezogen fühlen von der großen Stadt, der großen leuchtenden Lockgestalt namens Seoul, beweist das. Ich will nicht aus meinem persönlichen Schicksal irgendwie die große Welttheorie ableiten und meinen, durch diese Brille alles erklären zu können, nein, ich bin nicht so verbohrt, zu glauben, Bong Seon stehe als Schablone für alles… aber dennoch, sie regte mich an, mir mein eigenes Urteil, meine Philosphie, wenn man so will, meinen Blick auf die Welt zu bilden — und jetzt kann ich sie und die kurze Lebensgeschichte, die ich mit ihr teilte, nicht mehr aus meinem Urteil über die Welt herausdividieren, unmöglich! Die Südkoreaner werden immer attraktiver sein — zumindest im Vergleich zu uns Nordkoreaner, Sie, mein Lieber haben Glück, oh welch Glück Sie haben: Deutschland steht ja im Imperialismusranking mindestens auf einer Stufe mit Südkorea, wenn nicht höher.
Der Grund dafür ist einfach: der Imperialismus produziert viel, ohne viel nachzudenken. Und wo die ganzen Güter mal hinten rausflutschen, da denkt man auch nicht mehr viel darüber nach, ob man sie überhaupt braucht. Man fetischisiert sie einfach. Es kommt einem so vor, als sei alles ganz klar, evident und unverrückbar. Ja, wir Menschen trinken Wasser, essen Brot und wir produzieren eben auf kapitalistische Weise. Das Kapital muss im Zentrum stehen, muss immer zuerst dasein, dann erst kommt die Arbeit dazu, die zweite, weniger wichtige Hauptzutat, zumidnest in der falschen, verlogenen Gedankenwelt des Imperialismus, die ja aber dennoch mal um mal triumphiert über uns arme Sozialisten hier, die oft nicht mal genug zu essen haben — zumindest in der Vergangenheit, meine Eltern haben mir von den Härtezeiten und Hungersperioden erzählt. Aber auch in Südkorea hungern ja Leute, auch dort gibt es Slums und Obdachlose, wie auf so vielen Kontinenten. Nur interessiert das nicht mehr, wenn man einmal die glitzernden Oberflächen der astreinen, makellosen Produkte im Imperialismus gesehen hat, fühlt man sich übermannt, besiegt, alles scheint klar, nichts mehr nachzudenken, infragezustellen.
Also der Imperialismus fetischisiert das Kapital so…
— Oh, Sie haben so recht, ungefähr so wie der Phallus in den sexuellen Beziehungen fetischisiert wird, verzeihen Sie die Bemerkung, aber meine Gedanken und literarischen Versuche kreisen seit einiger Zeit um die Parallelität zwischen Penis und Kapital, um einen neuen materialistischen Feminismus zu begründen und die Frauenunterdrückung im Imperialismus richtig auszudrücken, anzuprangern und erste Grundlinien zu ihrer revolutionären Überwindung aufzuzeigen.
— Sehr lobenswert. Aber hier sind wir etwas rigoroser, konservativer zumindest in den sexuellen Fragen, das ist sicherlich ein Unterschied zum liberalen Westeuropa und solche Gedanken könnten hier wohl nicht fruchten. Nein, mein Gedanke zielt allein gegen das Kapital, nicht so sehr gegen den Penis — der ist mir sowieso egal, seit Bong Seon mich verließ, benutze ich meinen nur noch zum Wasserlassen und habe auch nicht vor, das wieder zu ändern.


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Über diesen Podcast

Liebe Hörer*innen,
warum braucht es noch einen Podcast?
Vor allem wollte ich dem ersten Artikel der amerikanischen Verfassung gerecht werden, wie er von Adam Curry formuliert wurde: You shall not make bad TV.
Es sollte unser erster Anspruch sein, mal ein besseres, unterhaltsameres Medienangebot bereitzustellen, denn was sonst so in den Massenmedien stattfindet, ist für mich nicht akzeptabel und schädigt mich immer weiter, indem es meine innere revolutionäre Kraft hemmt und uns einhämmern will, es gäbe keine Alternative zum Gegebenen, Revolution sei verboten…

Friedrich Nietzsche brachte wohl das zwiespältige Gefühl, meine Gedanken mit mehr Menschen teilen zu wollen, im Nachtlied des Zarathustra am besten auf den Punkt: 
„Nacht ist es: nun reden lauter alle springenden Brunnen.
Nacht ist es: nun erst erwachen alle Lieder der Liebenden. Und auch meine Seele ist das Lied eines Liebenden.
Ein Ungestilltes, Unstillbares ist in mir, das laut werden will. Eine Begierde nach Liebe ist in mir, die redet selber die Sprache der Liebe.
Licht bin ich: Ach dass ich Nacht wäre! Aber dies ist meine Einsamkeit, dass ich von Licht umgürtet bin.
Ich lebe in meinem eignen Lichte, ich trinke die Flammen in mich zurück, die aus mir brechen. 
Ich kenne das Glück des Nehmenden nicht und oft träumte mir davon, dass Stehlen noch seliger sein müsse als Nehmen.
Das ist meine Armut, dass meine Hand niemals ausruht vom Schenken; das ist mein Neid, dass ich wartende Augen sehe und die erhellten Nächte der Sehnsucht.
Wer immer austeilt, dessen Gefahr ist, dass er die Scham verliere; wer immer austeilt, dessen Hand und Herz hat Schwielen vor lauter Austeilen.
Viel Sonnen kreisen im öden Raum: zu allem, was dunkel ist, reden sie mit ihrem Lichte — mir schweigen sie.
Unbillig gegen Leuchtendes im tiefsten Herzen, kalt gegen Sonnen — so wandelt jede Sonne.
Einem Sturme gleich wandeln die Sonnen in ihren Bahnen. Ihrem unerbittlichen Willen folgen sie, das ist ihre Kälte.
O ihr erst seid es, ihr Dunklen, ihr Nächtigen, die ihr Wärme schafft aus Leuchtendem! O ihr erst trinkst euch Milch und Labsal aus des Lichtes Eutern!
Nacht ist es: ach, dass ich Licht sein muss! Und Durst nach Nachtigern! Und Einsamkeit!
Nacht ist es: nun bricht wie ein Born aus mir mein Verlangen — nach Rede verlangt mich.“

Ja mein Podcast ist eine Quelle der Lebenskraft für mich selbst und vielleicht jetzt auch für euch. Aber ich möchte betonen, dass es selbstverständlich sein sollte, was ich mache und mein Trieb zum Podcasten speist sich einfach aus dem Drang, nicht der Herde zu folgen, eigene Wege zu gehen durchs eisige Gebirge des Denkens.
Das ist meine Kälte, dass die anderen Sonnen in der Medienlandschaft für mich nicht leuchten und nur schales, langweiliges Flackern von ihnen ausgeht, sodass ich selbst produktiv werden musste, allein schon um selbst auch wieder bessere Podcasts genießen zu können als das was die Podcastlandschaft sonst so bietet.

Erwartet bitte keine Wunder von meinem Podcastwerk, es ist eben keine Milch, kein Labsal, sondern wird es erst wenn ihr es in euren Ohren dazu macht. Das heißt, wenn ihr meine Podcasts zu sehr vergöttlicht, dann tut ihr ihnen unrecht und überseht meine eigentliche Botschaft, dass nämlich gerade die Dunkelheit und das Unklare erforscht werden sollten und immer wieder unsere Neugier anstacheln, nicht das bekannte, wohlige Glück.
Der gesunde Menschenverstand ist eine Geisteskrankheit; ich widme mich lieber meinen eigenen, esoterischen Verrücktheiten, als in die Jauchegrube Twitter hinabzusteigen und dort bei den "Vernünftigen" mit zu diskutieren. Dasselbe erwarte ich von euch.

Um nicht wie Nietzsche zu enden, ist es jetzt wirklich höchste Zeit, meine Mitwelt in meine Gedankenausflüge einzubeziehen, der Mensch als soziales Tier braucht immer die Bestätigung und Anerkennung von anderen. Kommentiert gern auf der Podigeeseite und seid nicht zu zimperlich bei eurer Kritik.

von und mit Simon

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