Tischlein, deck dich!

Tischlein, deck dich!

-9 Die Vulvatheorie

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Diese Episode stammt noch aus dem Oktober.

Liebe Mädchen!

Ich bin doch nur ein Junge, brauche Liebe, brauche Halt. Und eine, die mich knallt.
So möchte ich mich heute ausdrücken, in Anlehnung an den meisterlichen Song von Schnipo Schranke, der zum Abschluss der letzten Folge gespielt wurde.

Als mein Bruder und ich vor etwa 25 Jahren in den Kindergarten in Brasilien kamen, mussten wir uns entscheiden, entweder in die Capoeiragruppe oder in die Ballettgruppe einzutreten. Da uns Capoeira zu wild und hitzig schien, fiel die Wahl aufs Ballett, wo außer uns nur Mädchen tanzten. Bei Übungen und Aufführungen vor dem Elternpublikum so im Mittelpunkt zu stehen, die Mädchen an der Hand zu führen und sie sanft gleichsam in einer Pirouette oder Drehung einmal im Halbkreis um uns herum zu geleiten, diese Erfahrung war schon furios und gab mir ein sanftes Gefühl der Geborgenheit. Dies kann das Vorbild für meine heutige Empfindung sein: ich will nur für euch existieren, liebe Mädchen. Das Soziale, ein anderes Gesichtchen zu sehen, während man sich kurz unterhält, das ist schon das Wahre und tut mir ja auch gut, wenn ich mich mit anderen Jungs unterhalte, wie ebene gerade mit meinem netten syrischen Mitbewohner, den ich in der Küche traf.
Das gibt dem Tag eine ganz neue Wendung und Würze. Dennoch, mit den Frauen ist es noch mal ganz anders, ich will nicht nur mit ihnen leben, sondern für sie, damit sie mich sehen, wahrnehmen, vielleicht bewundern. Der Ruhm der Welt ist mir verglichen mit diesem Ruhm in ihren Augen egal. Daneben gibt es natürlich die aufregende Aussicht auf den Ruhm der körperlichen Berührung. Dieser Ruhm in euren Armen ist mir das Eigentliche. Und verzeiht, wenn mein Schaffen, meine literarischen Erzeugnisse, oft unbeholfen oder gar vulgär daherkommen. Ich muss dies alles aber ausdrücken, weil es die befriedigenste Arbeit für mich ist, zu schreiben und meinen Ideen freien Lauf zu lassen. Nur so, wenn ich etwas geschrieben und damit geleistet habe, werde ich mich bereit fühlen, in eure Arme zu sinken, wo ich ja nur sein will.

Und ich spreche hier im Plural, denn natürlich ist die Polyamorie fester Bestandteil meiner Theorie der Liebe seit geraumer Zeit. Juanita, meine Ex-Freundin, konnte mich hier nicht verstehen und verbiss sich in den Schmerz der Versagung, den sie wohl lieber gewann als die Liebe. Aber das soll jetzt egal sein, ebenso wie Fiona und was zwischen uns schief lief. Ihr beide seid am momentanen Punkt unserer Kommunikation für mich gestorben. Aber natürlich könnte meine Liebe (oder Freundschaft, nicht zu vergessen) zu euch wiederauferstehen, solltet ihr noch einmal das Gespräch mit mir suchen wollen.
Für den Moment muss ich mich aber auf andere Möglichkeiten der Liebe einlassen. Denn ich will nicht so romantisch, übermäßig trantütig gesinnt sein, dass ich noch jahrelang an einem solchen Beziehungsfehlschlag zu kauen hätte. Natürlich werde ich immer an euch denken und die Liebe, die ich für euch empfand, wird immer Teil von mir bleiben und mich prägen.
Das könnt ihr mir nicht wegnehmen, auch wenn ihr versucht, mich zum Schweigen zu bringen. Es wird alles herauskommen in meiner Prosa, aber was gäbe es da auch zu verstecken? Die Liebe ist nicht so erhaben, sondern eher lächerlich und man könnte mir dankbar sein, die Ernsthaftigkeit dieser Lächerlichkeit herauszuarbeiten, indem ich mich am Begriff der Liebe zu schaffen mache durch mein Schreiben.
Jedenfalls möchte ich nun die volle Aufmerksamkeit den noch unbekannten Frauen widmen, die ich in Zukunft kennenlernen könnte und mich voll da hineinstürzen in diesen neuen Anlauf der Liebe.

Euch beiden bin ich sehr dankbar, zum Einen für die einschneidende Erfahrung der wirklichen Liebe mit Juanita, zum Anderen für dieses Erlebnis mit Fiona, die, wie ich glaube, meine Überzeugung der Polyamorie durchaus verstehen konnte und mir so zeigte, dass dieser Punkt kein unüberwindbares Hindernis der Liebe darstellen muss. Ich glaube, woran wir scheiterten, was uns im Wege stand und mithin der Grund für die Unmöglichkeit der »ersten Schritte« darstellte, war eher die Vorstellung der schieren Größe, Unermesslichkeit, Unschätzbarkeit dieses Glückes, das uns da entgegenzustrahlen schien in jener Zukunft, die wir uns ausmalten an der Seite des Anderen, die wir vielleicht antizipiert hatten in den Augen des Anderen.
Dieses Glück ist zu schwer zu tragen, zumindest für einen Einzelnen und so kommt es wohl, dass einem ein tonnenschweres Gewicht auf den Schultern zu lasten scheint, unter dem man zusammenbrechen möchte, während man sich auf jene Person zubewegt, von der man doch weiß, dass man nichts lieber täte als mit ihr zu sprechen und nur für einige Augenblicke ihre Reaktionen und Mimiken zu lesen, sich aneinander zu freuen.
Daher geht man einfach weiter und bleibt nicht stehen an jenem Ort, der doch der einzige Ort auf der Welt ist, der zählt, scheinbar.

Sex, ja, auch das zählt dazu, zu jenem Großen, das mir vorschwebt und dessen Realisierung das Teuerste, Wertvollste und Erfüllendste auf der Welt wäre, vor allem aber, was viel wichtiger ist, eine Unterhaltung, einfach um die Körpersprache und die Gesichtszüge jener geliebten Person studieren oder ihre Ausdrucksweise verstehen zu können. Nur diesen Moment genießen, ohne eine Hoffnung, einen Gedanken daran zu verschwenden, was dahinter noch kommen könnte.

Und ja. Zugegeben, Juanita, solltest du diesen Text lesen, dann wirst du wohl berechtigterweise wieder einwenden, ich liebte Fiona ja anscheinend viel mehr, weil ich so viel über dieses tonnenschwere Gewicht schrieb und den Wunsch, endlich bei ihr stehen zu bleiben und mit ihr zu reden. Aber liebe Juanita, all das habe ich doch auch für dich gesprochen. Die wirkliche Liebe ist die Grundlage für alles, du hast mich zu ihr gebracht und darum werde ich immer von dir abhängig sein, es gibt gar kein Lösungsmittel, zumindest für mich nicht, du darfst dich natürlich gern von mir lösen.

Ja, ich verstehe ja wie du dich in deinen Schmerz wegen meiner Zügellosigkeit und Lust auf die Polyamorie vergräbst. Aber wenn es nicht die Polyamorie wäre, dann eben etwas anderes; immer scheint in der Liebe ein Hindernis aufzutauchen, das den Weg der Erfüllung und Erlösung von unseren Sehnsüchten blockiert.
Wie der Soziologe Richard Sennett schrieb, hat die gegenwärtige Kultur die Tendenz, »die Versenkung in die Bedürfnisse des Selbst zu verstärken und gleichzeitig ihre Erfüllung zu blockieren.«

Die Frage der Aufregung, des Muts, Zögerns und Zauderns und schließlichen Versagens (im Sinne der Versagung eines Guts, nicht des Scheiterns) zeigt sich genauso hier zwischen uns, liebste Juanita: hätte ich mich doch nur mal aufgerafft, ehrlicher, mitreißender, intimer zu dir zu sprechen… vielleicht hätten wir uns verstehen können. Aber oft ist man gefangen in den Tretmühlen der Kommunikation.
Und gut. Fiona ist Fiona und du bist eben du, meine kleine Juanita. Niemand von euch ist mir lieber, ich wollte keine vorziehen, sondern euch beide lieben. Auch wenn das jetzt ein schaler Ersatz sein mag für die nicht erfolgte Probe der Polyamorie, denke ich doch, das ist ein gewisser Sieg und Triumph, zu sagen, ja gut, immerhin steht mir die prinzipielle Machbarkeit der Liebe als Polyamorie jetzt klar vor Augen. Schön und gut, dass dies heute, im gegenwärtigen gesellschaftlichen Kontext, ganz unvorstellbar sein mag. Wir alle sind Geschöpfe der Gesellschaft und eben keine autonomen Individuen, die ihre eigenen freien Wünsche aus sich nur noch herausziehen und anwenden müssten — auch wenn jenes Wahnkonstrukt des freien, liberalen Individuums ja in uns allen schlummert und angelegt ist, da wir zu Mitgliedern dieser liberalen Gesellschaft erzogen werden und es schlicht nichts gibt, womit man sich dagegen zur Wehr setzen könnte, zumindest nichts auf praktischer Ebene.

Ich hoffe nur, dass ihr nicht zu sehr leidet und zerbrecht an dem, was nun eben geschehen ist, der Trennung, Entsagung, Blockade. Immerhin euch zwei habe ich geliebt und das war gut so. Vor allem eben, das Gewicht der Realität zu spüren und Juanita vor mir zu sehen und ihre Haut, ihren Körper an mich gepresst zu fühlen, das ist schon das Eigentliche und dem gegenüber hat ein Begriff wie Zeit und Ewigkeit, ein Wunsch wie der nach Verstetigung und Dauerhaftigkeit der Liebe, wenig Bedeutung.
Es ist ein ahistorisches Phänomen.


Kommunistische Schulung

Hans-Peter Duerr: Nacktheit und Scham

tdd -9
Ja, dann schreib ich doch einfach mal. Dieses Schreiben — es ist das, was ich anstrebe, da mir diese Tätigkeit ein Gefühl von einer Windbrise und Meeresluft gibt, genau das, was ich begehre, … ich hänge immer diesen Eindrücken und Erinnerungen nach. Momente auf Reisen, aufgeweckt und hineingestoßen in die Fremde, an einem unbekannten Ort, mit neuen natürlichen Formen, Klippen am Strand, Gräser, Hügel, Felsen.
Oder Städte, die Abenddämmerung, die sich über eine brasilianische Kleinstadt senkt und der Morro da Silva, der im Abendrot glüht. Die Frage: was denkt Freya eigentlich, die ulkige Tanzschülerin aus Porto Alegre? Macaio, die Hauptfigur, gibt ihr Unterricht…
Jajaj, aber halt: ich will gar keinen Roman mehr schreiben. Sondern die Vulvatheorie. Beschreibe ich die Aufs und Abs der erotischen Erregungen wahrheitsgetreu genau, dann sollte dabei im Großen und Ganzen ungefähr eine Stimmung herauskommen, so wie ich sie vor Augen habe wegen diesen Reisegefühlen, wegen dieser Ahnung einer Vergangenheit, die mal durch einen Geruch, ein Geräusch, eine visuelle Erinnerung beflügelt wird. Da gibt es keinen Unterschied — reales Leben und poetische Theorie, beides bedingt einander: mit meiner Schrift »Die Vulvatheorie« liefere ich das theoretische Rüstzeug, das wirkliche Kommunen der Zukunft benötigen werden, um auf Basis des Nudismus, der solidarischen Zusammenarbeit und politischen Bewusstheit/Planung/Teilhabe/Demokratie??? Orte des Zusammenlebens zu errichten, die außerhalb der bürgerlichen Grenzvorstellungen und Sexualmoralen funktionieren und sich nur auf kommunistische Ideale der Inklusion aller Arbeiter berufen, wozu jede und jeder eingeladen ist, aber auch mit anpacken muss. Ein solches avantgardistisches Werk wollte ich seit einiger Zeit schreiben, in dem die Gründung, der Aufbau und die Entwicklung einer solchen selbstverwalteten Kommune diskutiert wird. Aber Romane liegen mir nicht, ich lüge nicht gern. Daher beschränke ich mich auf Leitfäden der Theorie; das Handwerkszeug, das die echten Praktiker späterer Unterfangen benötigen werden oder worauf sie sich zumindest stützen können, wenn sie moralische Aufrichtung benötigen, was wir ja alle tun, die in dieser bürgerlichen Gesellschaft der Warenkonkurrenz leben.

So soll es mir also genügen, diesen Traktat zu schreiben, der einige Aspekte des gemeinschaftlichen Zusammenlebens behandeln wird. Vor allem eben die politische Organisation. Setzen wir eine Kommune von ca. 100 Leuten voraus. Dann braucht sie natürlich gewisse Einrichtungen, Arbeitsgruppen, die sich um anfallende Aufgaben kümmern. Wie zum Beispiel der Hausbau oder die Konstruktion primitiver Unterkünfte, anfangs vielleicht nur die Aufstellung von Zelten. Dann kommt aber bald das Problem der sanitären Einrichtungen hinzu, Toiletten, gern auf Kompost-Basis, um so noch den Garten zu düngen und den Kreislauf der Natur aus Essen und Verdauen voll einzugliedern ins kommunale Leben.
Dann die Frage der Arbeit. Wie verbringen die Kommunenmitglieder ihren Tag, wie können sie in bescheidenem Maße Reichtum erzeugen, der ihnen die notwendige materielle Lebensbasis sichert? Hier ließe sich an die typischen Holzschnitzereien und kleinen Kunstwerke, Malereien, Halsbänder, Tontöpfe denken, die sonst gern von Hippiegruppen angeboten werden, aber auch an modernere Geschäftsideen etwa einer kleinen Software-Dienstleistungsfirma, wonach der Bedarf weltweit ja sehr hoch ist.
Aber all das ist Nebengeplänkel, damit sollen sich die Praktiker auseinandersetzen. Was mir vorschwebt, ist das illusionäre Band des Zusammenhalts, der spirituelle Überbau, der gemeinsame Glaube der Kommunenteilhaber. Dieses ideelle Band möchte ich ausarbeiten.

Und zwar beruht dieses Band auf dem Sexuellen. Wir haben im 20. Jahrhundert eine Kultur des Nudismus sich entwickeln gesehen. Aber all das waren notwendige Vorläufer und in der Anfangszeit sexuell sehr restriktiv, so wurde Nacktheit von frühen Nudisten explizit unter dem Banner der Nicht-Erotik angepriesen (Duerr, ca. 150).
Nackte Körper hätten an sich nichts Erotisches, sondern nur die Verzerrungen der Kultur ließen uns so »entartet« denken. Stattdessen solle man zur Natur und Schamlosigkeit zurückkehren. Blicke auf andere nackte Menschen, die einem im Nudistencamp begegneten, waren verpönt, die Menschen wollten gerade unter diesen Bedingungen ihre Schamgrenze wahren und sich nicht hemmungslos auf die erogenen Zonen blicken. Körperkontakt, auch nur beiläufiger und Sport waren unter diesen Nudistengruppen ebenfalls selten. Man wollte vermeiden, Nacktheit mit Erotik zu assoziieren und hielt das Dogma der unerotischen Natürlichkeit aufrecht.
Diese philosophisch-soziologischen Fragen möchte ich hier nur streifen (auf nicht-erotische Weise).

Worum es mir geht, ist ein anregender, gern auch erregender Theorie-Leitfaden, eine imaginäre Spielerei, die später durch die Praxis ergänzt, unterstützt oder widerlegt werden soll aber zunächst mal einfach für sich steht und aus dem Spaß an der Freude erwächst.

Die Lobpreisung der Vulva ist eminenter Bestandteil dieser Schrift. Denn die Vulva als Form, als Körperorgan, versinnbildlicht perfekt das Prinzip des Zeigens und Verbergens. Und um dieses geht es ja auch in der Erotik. Im Allgemeinen ist das Ausziehen und Ablegen der Kleider erotischer als ein gänzlich unbekleideter Körper, ein Akt. Die Dynamik sorgt für Würze, wo sich etwas ändert, hält die menschliche Aufmerksamkeit inne.
Und klar, Änderung der Form, da denkt man zunächst an den Penis, dessen Steckenpferd die Änderung von der schlaffen hin zur steifen, aufgerichteten Form ja ist.
Auch der Penis verdient sicher Lob und ist ein hohes Zeichen, ein Bild, das Lust macht, da er auf witzige Weise den Strahl des Begehrens illustriert, das Zögern, wohin sich der Pfeil unserer Wollust nun richten soll kommt im leichten Hüpfen des erigierten Penis zum Ausdruck. Aber dies soll uns hier nur am Rande tangieren, worum es geht, ist in erster Linie die Vagina. Denn deren symbolische Macht hinkt in heutigen Zeiten leider jener des Penis hinterher. Um wahrhaft feministisch zu wirken und Frauen zu Selbstbewusstsein und Macht zu verhelfen, muss also zunächst einmal auf die ästhetische und sonstige Vollkommenheit der Vagina oder Vulva hingewiesen werden (beide Begriffe werden hier synonym benutzt, was anatomisch nicht korrekt sein mag, doch dazu später im Text mehr).

Der Idealismus nämlich ist mein Feind, seitdem ich erkannte, wie er an meinem Fleisch zehrt. Der Idealismus sagt mir nämlich: die Mädchen sind so ideal, streng dich an, sie zu lieben, ach was, du schaffst es ja doch nie. Und da man schwerlich bestreiten kann, dass Mädchen und Frauen im Allgemeinen sehr ideal sind und mich oft auf erotische Art hinreißen — aber nicht nur, auch auf soziale, zwischenmenschliche, interpersonelle Weise, das alles fließt zusammen, ergibt einen großen Mischmasch, in dem sowohl Sexuelles als auch Persönliches und Zwischenmenschliches stecken — wird man der idealistischen Falle auf den Leim gehen und die eigene Verdorbenheit, jedenfalls Ungemäßheit, Unwürdigkeit proklamieren.


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Über diesen Podcast

Liebe Hörer*innen,
warum braucht es noch einen Podcast?
Vor allem wollte ich dem ersten Artikel der amerikanischen Verfassung gerecht werden, wie er von Adam Curry formuliert wurde: You shall not make bad TV.
Es sollte unser erster Anspruch sein, mal ein besseres, unterhaltsameres Medienangebot bereitzustellen, denn was sonst so in den Massenmedien stattfindet, ist für mich nicht akzeptabel und schädigt mich immer weiter, indem es meine innere revolutionäre Kraft hemmt und uns einhämmern will, es gäbe keine Alternative zum Gegebenen, Revolution sei verboten…

Friedrich Nietzsche brachte wohl das zwiespältige Gefühl, meine Gedanken mit mehr Menschen teilen zu wollen, im Nachtlied des Zarathustra am besten auf den Punkt: 
„Nacht ist es: nun reden lauter alle springenden Brunnen.
Nacht ist es: nun erst erwachen alle Lieder der Liebenden. Und auch meine Seele ist das Lied eines Liebenden.
Ein Ungestilltes, Unstillbares ist in mir, das laut werden will. Eine Begierde nach Liebe ist in mir, die redet selber die Sprache der Liebe.
Licht bin ich: Ach dass ich Nacht wäre! Aber dies ist meine Einsamkeit, dass ich von Licht umgürtet bin.
Ich lebe in meinem eignen Lichte, ich trinke die Flammen in mich zurück, die aus mir brechen. 
Ich kenne das Glück des Nehmenden nicht und oft träumte mir davon, dass Stehlen noch seliger sein müsse als Nehmen.
Das ist meine Armut, dass meine Hand niemals ausruht vom Schenken; das ist mein Neid, dass ich wartende Augen sehe und die erhellten Nächte der Sehnsucht.
Wer immer austeilt, dessen Gefahr ist, dass er die Scham verliere; wer immer austeilt, dessen Hand und Herz hat Schwielen vor lauter Austeilen.
Viel Sonnen kreisen im öden Raum: zu allem, was dunkel ist, reden sie mit ihrem Lichte — mir schweigen sie.
Unbillig gegen Leuchtendes im tiefsten Herzen, kalt gegen Sonnen — so wandelt jede Sonne.
Einem Sturme gleich wandeln die Sonnen in ihren Bahnen. Ihrem unerbittlichen Willen folgen sie, das ist ihre Kälte.
O ihr erst seid es, ihr Dunklen, ihr Nächtigen, die ihr Wärme schafft aus Leuchtendem! O ihr erst trinkst euch Milch und Labsal aus des Lichtes Eutern!
Nacht ist es: ach, dass ich Licht sein muss! Und Durst nach Nachtigern! Und Einsamkeit!
Nacht ist es: nun bricht wie ein Born aus mir mein Verlangen — nach Rede verlangt mich.“

Ja mein Podcast ist eine Quelle der Lebenskraft für mich selbst und vielleicht jetzt auch für euch. Aber ich möchte betonen, dass es selbstverständlich sein sollte, was ich mache und mein Trieb zum Podcasten speist sich einfach aus dem Drang, nicht der Herde zu folgen, eigene Wege zu gehen durchs eisige Gebirge des Denkens.
Das ist meine Kälte, dass die anderen Sonnen in der Medienlandschaft für mich nicht leuchten und nur schales, langweiliges Flackern von ihnen ausgeht, sodass ich selbst produktiv werden musste, allein schon um selbst auch wieder bessere Podcasts genießen zu können als das was die Podcastlandschaft sonst so bietet.

Erwartet bitte keine Wunder von meinem Podcastwerk, es ist eben keine Milch, kein Labsal, sondern wird es erst wenn ihr es in euren Ohren dazu macht. Das heißt, wenn ihr meine Podcasts zu sehr vergöttlicht, dann tut ihr ihnen unrecht und überseht meine eigentliche Botschaft, dass nämlich gerade die Dunkelheit und das Unklare erforscht werden sollten und immer wieder unsere Neugier anstacheln, nicht das bekannte, wohlige Glück.
Der gesunde Menschenverstand ist eine Geisteskrankheit; ich widme mich lieber meinen eigenen, esoterischen Verrücktheiten, als in die Jauchegrube Twitter hinabzusteigen und dort bei den "Vernünftigen" mit zu diskutieren. Dasselbe erwarte ich von euch.

Um nicht wie Nietzsche zu enden, ist es jetzt wirklich höchste Zeit, meine Mitwelt in meine Gedankenausflüge einzubeziehen, der Mensch als soziales Tier braucht immer die Bestätigung und Anerkennung von anderen. Kommentiert gern auf der Podigeeseite und seid nicht zu zimperlich bei eurer Kritik.

von und mit Simon

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